HFDT Brown-Bag Forum: Eva-Maria Griesbacher
„Der Kampf um die Definition der Normalität neurologisch bedingter menschlicher Eigenschaften im Zeitalter der digitalen Transformation – Neuroregimes und Neurofigurationen in Österreich am Beginn des 21. Jahrhunderts“
Freitag, 18. Oktober 2024 um 12.00 Uhr
hybride Veranstaltung: Simulation Lab COLIBRI, Leechgasse 42, 3. OG, 8010 Graz
oder https://unimeet.uni-graz.at/b/kot-uhv-mm2-oij
Abstract:
Die mentale Gesundheit des Menschen stand, soweit historisch betrachtbar, zumindest seit der Antike unter ständiger gesellschaftlicher Beobachtung und Formung. Im Laufe der Zeit entwickelten sich Neuroregimes - immer ausgefeiltere gesellschaftliche Strategien und Techniken, um Abweichungen von neurologisch bedingten mentalen Normen und Verhaltensnormen einer Epoche im Sinne der hegemonialen Machtverhältnisse zu lenken. Lange Zeit wurden Menschen, die von diesen Normen wahrnehmbar abwichen, durch Internierung in spezialisierte Anstalten von der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen oder sogar getötet. Heute werden Menschen, deren neurologisch bedingte Eigenschaften nicht dem Ideal der Zeit entsprechen, also neurodivergent sind, zwar nicht mehr getötet, die Lenkungs- und Exklusionsmechanismen jedoch haben sich durch die digitale Transformation zunehmend verfeinert. Der Vortrag geht zuerst auf vergangene Neuroregimes ein. Anschließend wird thematisiert, wie diese historischen Regimes heute in Auseinandersetzung mit aktuellen Ideen der gesellschaftlichen Regulierung von Neurodivergenz neu verhandelt werden. Abschließend wird gezeigt, wie sich das aktuelle Neuroregime auf der Ebene der Alltagspraxis neurodivergenter Menschen in unterschiedlichen Neurofigurationen manifestiert.
Vortragende – Eva-Maria Griesbacher, MA:
Eva-Maria Griesbacher, MA ist Dissertantin am Institut für Soziologie der Karl-Franzens-Universität Graz und beschäftigt sich mit Fragen der mentalen Gesundheit in
Zusammenhang mit Problemen der sozialen Ungleichheit, Inklusion und Exklusion. Ihre Forschungsfelder liegen dabei in der Arbeits- und Bildungssoziologie sowie der Psychotherapeutischen Beratungsforschung. Methodisch liegen ihre Schwerpunkte in der qualitativen Sozialforschung mit besonderem Fokus auf verschiedene Ansätze der Grounded Theory und der Diskursanalyse.